Wie Wichtel Rune die größte Kerze des Wichteldorfs gießt
Im Wichteldorf gibt es einen Wichtel, der Kerzen gießt und verziert: Der Wichtel Rune. Gerade um die Weihnachtszeit herum ist Rune sehr beschäftigt. Dann will jeder Wichtelhaushalt jede Menge Kerzen haben, um sein Haus schön zu gestalten – große und kleine Kerzen sind das, dicke und dünne, ganz gewöhnliche Kerzen und Kerzen in den lustigsten Formen und Farben.
Bei Rune trudeln immer schon im Sommer die ersten Kerzen-Bestellungen ein, denn natürlich möchte keiner der Wichtel vergessen werden. Nein, keiner der Wichtel möchte in der dunklen Jahreszeit ein finsteres, kerzenfreies Haus haben.
In diesem Jahr ist ein ganz besonderer Kerzenauftrag bei Rune gelandet: Der Bürgermeister des Wichteldorfes möchte gerne mitten am Marktplatz die größte Kerze, die die Wichtel je gesehen haben, aufstellen. Und verziert soll sie sein – mit Gold und Silber – und sie sollte beim ersten Anzünden Funken sprühen wie ein kleines Feuerwerk.
Rune freute sich sehr auf diese Aufgabe und reibt sich die Hände – heute legt er los! Zuerst aber muss Rune genügend Wachs finden für die riesige Kerze. Die Kerzen für die Wichtelhäuser erstellt Rune normalerweise aus Kokoswachs. Denn die meisten Wichtel lieben den Kokosduft, der dann ganz zart und schön in der Luft liegt, wenn sie Kokosmakronen, Vanillekipferl und Lebkuchenherzen backen.
Doch für die riesige Dorfkerze soll es etwas ganz Anderes, etwas Besonderes sein. Und der Duft, der soll sich auch von den Kerzen in den Häusern unterscheiden. Rune muss nicht lange überlegen: Was riecht besser und brennt goldener als Kerzen aus Bienenwachs? Also auf zum Bienenberg!
Ein Stück ist es schon zu gehen, aber das macht Rune nichts aus, er singt und pfeift – und so ist er im Nu dort angekommen. Rune klatscht ein paar Mal in die Hände und summt ein Lied in Bienensprache.
Ja, auch sprachbegabt muss ein Kerzenwichtel sein! Denn um die schönsten und stimmungsvollsten Kerzen zu gestalten, braucht er die Hilfe der Tiere: Vögel, die ihm beim Transport der Materialien helfen; Mäuse, die ihre Pfotenabdrücke auf weißes Wachs machen, damit Rune die Kerzen mit einer Schneelandschaft voll Tierspuren verzieren kann; Eichhörnchen, die ihm mit ihren Näschen dabei helfen, die vorbereiteten Wachsplatten auf die fertige Kerze zu drücken.
Schnell kommen die Bienen herbei geflogen. Es sind die magischen Bienen mit ihrem goldenen Bienenstock und dem Wunderwachs. “Hallo liebe Bienen, danke, dass ihr gekommen seid! Ich brauche bitte Wachs von euch für eine ganz besondere Kerze”, erklärt Rune. “Welche Kerze wird das denn, kleiner Wichtel?” will der Bienen-Chef wissen. “Es wird eine Kerze für alle Wichtel im Dorf. Sie soll groß sein und magisch. Und sie soll alle Wichtel glücklich machen und ihnen eine wunderschöne Adventszeit bescheren”, sagt der Kerzenwichtel.
Die Bienen fliegen in einem Kreis zusammen und beraten sich. Dann kommt der Bienen-Chef, summt ein paar Mal um Rune herum, um ihn ganz genau von allen Seiten zu betrachten, und dann sagt er: “Also gut, du bekommst von uns das magische Wachs für deine Kerze. Aber wir brauchen Vögel für den Transport. Und wir möchten gerne dabei sein, wenn die Kerze zum ersten Mal angezündet wird.” Rune freut sich: “Ja, natürlich, so machen wir’s!”
Fröhlich hüpft der Wichtel davon. Sein nächster Weg führt ihn zur großen Waldspinne. Von ihr braucht er einen gesponnenen magischen Docht für seine große Kerze. Auch der Spinne erklärt er seine Mission. So, wie die Bienen, ist auch die Waldspinne bereit zu helfen und verspricht ihm, den großen Docht bis zum Morgengrauen fertig zu haben.
Zuhause angekommen, trommelt Rune seine besten Freunde zusammen. Sie alle helfen ihm dabei, die riesige Form für die Kerze zu bauen. Dort sollen morgen dann das magische Wachs und der magische Docht hineinkommen. Mit Leitern, Hämmern und Nägeln zimmern sie singend die Form. Alle gemeinsam schaffen sie es, die riesengroße Kerzenform zu bauen, noch bevor der Abend anbricht und mit ihm die Dunkelheit kommt.
Als Dankeschön lädt Rune seine Freunde zum Abendessen ein – es gibt leckere Ofenkartoffeln mit Käse überbacken und dazu eine große Portion Wichtelpunsch. Am nächsten Tag, als sich die ersten Sonnenstrahlen hervorwagen, ist Rune bereits hellwach und läuft zur Kerzenform. Dort warten tatsächlich schon die magischen Bienen und einige Vögel auf ihn. Sie alle bringen ihm das Wachs. Und auch die Waldspinne ist schon da – gemeinsam mit einem Zug aus Ameisen transportiert sie den langen Docht zum Marktplatz.
Rune ist gerührt und freut sich sehr darauf, mit der Arbeit zu beginnen.
In einem großen Kessel schmilzt er das Wachs nach und nach. Die Vögel und die Bienen helfen ihm dabei, das Zauberwachs in kleinen Portionen in die Kerzenform zu gießen. Die Waldspinne ist mit den Ameisen gemeinsam die Kerzenform entlang rauf gekrabbelt und hat den Docht schon im Kerzenwachs versenkt.
Als die ganze Form voll Wachs ist, beginnt der Abend hereinzubrechen. Nun müssen die kleinen Wichtel, die Bienen, die Vögel, die Spinne und die Ameisen etwas Geduld haben. Denn die Kerze muss erst fest werden. Dann kann sie schön verziert werden und schließlich beim großen Fest zum ersten Advent angezündet werden.
Erschöpft, aber glücklich, genießen alle Helfer eine große Tasse Wichtelzaubertee, der zu neuen Kräften und einer guten Nacht verhelfen soll, und ein paar vom Bäckerwichtel Lille gemachte Plätzchen.
Die Vorfreude auf die Kerze ist schon jetzt riesig.
Als alle schon tief und fest schlafen, schleicht sich Rune nochmal zur frisch gegossenen Kerze hinaus und flüstert einen Zauberspruch, damit die Kerze ihre ganze Magie entfalten kann. Doch der ist geheim, den darf nur der Kerzenwichtel kennen.