Wie die größte Kerze der Wichtelwelt verziert wird
Drei ganze Tage und drei ganze Nächte lang muss die riesengroße Kerze ruhen, die Rune gemeinsam mit der Waldspinne, den magischen Bienen, den Vögeln, den Ameisen und seinen vielen Wichtelfreunden gegossen hatte. Dann ist sie hart genug, um die Kerzenform zu entfernen, die Bienenwachskerze zu begutachten und mit allen Mitteln der Wichtelkunst zu verzieren.
Gleich nach dem Frühstück versammeln sich alle Wichtelfreunde bei der Riesenkerze, wieder mit Leitern und Werkzeug ausgerüstet. Vorsichtig, ganz vorsichtig, klettern sie auf der Kerze herum und entfernen die Kerzenform. Ganz aufgeregt sind sie, was dahinter zum Vorschein kommen würde.
Als alle Teile der Kerzenform entfernt sind, rufen alle laut “aaaah!!” und “ooooh!” So wunderschön, so glitzernd, so duftend, hatte sich keiner der Wichtel die Kerze ausgemalt, nicht mal in den schönsten Träumen.
Rune tritt ein paar Schritte zurück und betrachtet voll Stolz das Meisterwerk. Eine kleine Träne schimmert in seinen Augen, so gerührt ist er, dass die Wichtel in Teamarbeit mit den Tieren die größte Kerze, die die Wichtelwelt je gesehen hat, geschaffen haben.
Nun muss sich noch verziert und mit einem Zauberspruch belegt werden. Damit sie noch ein bisschen magischer aussieht und natürlich vor allem, damit sie sprüht wie ein Feuerwerk beim ersten Anzünden. So, wie es sich der Bürgermeister gewünscht hat.
Rune schafft die großen Wachsplatten in den unterschiedlichsten Farben heran, außerdem Messer und Formen, um die Platten zurechtzuschnitzen. Schnell sausen seine kleinen Helfer, die Tiere, herbei. Auf einer gelben Platte zeichnet Rune ganz vorsichtig einen großen Stern vor. Sogleich kommt der Specht herbei und klopft mit seinem Schnabel – tack tack tack – langsam und gewissenhaft den Stern heraus. Genauso machen es die beiden auch bei einem Tannenbaum, den Rune auf einer grünen Wachsplatte mit einem Stift vormalt, und bei einem Engel.
Dann will Rune noch eine Winterlandschaft machen. Dazu braucht er seinen Freund, das Eichhörnchen. Geschwind tapst es über die weiße Wachsplatte und hinterlässt dabei seine Abdrücke. Dann gibt Rune noch ein paar Tannenbäume, die er mit dem Specht gemeinsam ausgeschnitten hat, darauf, verziert alles mit einem Vollmond und ein paar Sternen.
Und da, siehst du, da sind auch noch die Umrisse von einem großen und einem kleinen Wichtel, die Hand in Hand gehen. Der kleine Wichtel hat anscheinend eine Laterne dabei. Und so stapfen sie durch den Schnee.
Nun ist es so weit: Alle Figuren und Formen sind aus den Wachsplatten gezaubert und müssen nur noch auf der Riesenkerze angebracht werden.
Hier helfen die Wichtelfreunde wieder mit vereinten Kräften zusammen. “Ho….ruck! Ho…ruck!” rufen sie und heben die Winterlandschaft aus Wachs auf.
Die Vögel eilen herbei und helfen ihnen. Und Schwups… schon ist die Winterlandschaft auf der Kerze zu sehen. Jetzt noch schön festdrücken – wie gut, dass der große Bär gerade in der Nähe ist und dabei helfen kann. Mit seinen großen Tatzen drückt er die kunstvoll gestalteten Wachsplatten behutsam auf die Kerze, eine nach der anderen.
“Wahnsinn!” murmelt Runes bester Freund Sinus. “Das ist wirklich die schönste Kerze, die ich jemals gesehen habe! Und wie die riecht…”
“Warte nur morgen ab”, grinst Rune verschmitzt, “ich habe noch eine Überraschung für euch bereit!”
Sinus sieht ihn neugierig an, fragt aber nicht nach. Er kennt seinen Freund gut genug um zu wissen, dass Rune nichts verraten wird. Er liebt die überraschten Augen der anderen Wichtel einfach zu sehr.
Alle gähnen und strecken sich – nach diesem aufregenden, arbeitsreichen Tag ist es nun Zeit fürs Bett.
Doch als alle Wichtel schon wohlig schnarchen und sich im Träumeparadies befinden, schleicht Rune wieder raus zur Kerze. Eine Sache muss er noch erledigen, um für strahlende Wichtelaugen zu sorgen. Leise wispert er einen langen, umständlichen Zauberspruch vor sich hin, nimmt eine große Portion Zauberpulver in seine Hand und pustet fest hinein, sodass sich der Zauberstaub auf der ganzen Kerze verteilt.
Zufrieden betrachtet er das Meisterwerk noch einmal, dann merkt auch er, dass sich eine bleierne Müdigkeit auf seine Augen legt. Schläfrig marschiert er Richtung Bett und träumt schon bald von dem großen Fest, das ihn, die anderen Wichtel und all die fleißigen Tiere, die geholfen haben, erwartet.
Gute Nacht, Rune!